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Die Ausgewanderten

Die Ausgewanderten

W. G. Sebald
Niveau
Niveau 5
Jaar uitgave
1992
Uitgeverij
Eichborn Verlag
Plaats
Frankfurt am Main
Aantal pagina's
355
Genre
  • Erzählungen
Tags
  • Holocaust; (Post)Trauma; Selbstentfremdung; Erinnerung; Vergangenheitsbewältigung. jüdische Geschichte
Taalniveau
C2
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Over de auteur

W.G. Sebald (1944-2001) wurde in Wertach (Allgäu) geboren. Nach seinem Studium lebte er zunächst in der Schweiz, von wo er 1967 nach England übersiedelte. Dort wohnte und arbeitete er bis zu seinem tragischen Unfalltod. Über 20 Jahre war er Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität von East Anglia. Als Literaturwissenschaftler veröffentlichte er zahlreiche Studien unter anderem zu bekannten deutschsprachigen Autoren wie Franz Kafka, Peter Handke, Adalbert Stifter, Robert Walser und Alfred Andersch. Erst in fortgeschrittenem Alter begann er mit dem Schreiben literarischer Werke, die inzwischen nicht nur zum Lieblingsgegenstand der Germanistik geworden sind, sondern auch eine anhaltend große Leserschaft begeistern.
Viele seiner Texte (u.a. Austerlitz, 2001) sind von einem melancholischen Ton geprägt – dem bekannten Sebald-Sound, der auch junge Leser immer wieder in seinen Bann zieht.
Zu seinen wiederkehrenden Themen gehören: Erinnerung, Vergangenheitsbewältigung, Zivilisationskritik, sowie Fragen nach Sinn und Zweck des menschlichen Lebens.
Sebald erhielt viele Preise, u.a. den Heinrich Böll-Preis (1997), den Joseph-Breitbach-Preis (2000) und posthum den Bremer Literaturpreis (2001).

Inhoud

Die Ausgewanderten (1992) sind vier lange Erzählungen, die von vier verschiedenen Schicksalen handeln. Die Protagonisten sind alles Ausgewanderte, die wegen ihrer jüdischen Wurzeln Deutschland verlassen mussten und in der Fremde aber keine neue Heimat finden konnten - diese Lebensgeschichten gehen teilweise auf authentische, wahre Berichte zurück. Sebald schreibt über ihre vergeblichen Versuche ein neues Leben aufzubauen, sowie den damit verbundenen Depressionen und Ängsten, die sie am Ende in den Selbstmord treiben.
Das Motiv des 'Auswanderns' steht auch im Zeichen des Ich-Erzählers, der in allen vier Geschichten der gleiche ist. 1970 hat auch er seine Heimat, das Allgäu verlassen und ist nach England 'emigriert'. Der autobiographische Bezug ist evident. Die Funktion des Ich-Erzählers innerhalb der Erzählungen ist es, die einzelnen Schicksale zu rekonstruieren und schriftlich festzuhalten. Die meiste Zeit fungiert er deshalb als Zuhörer und Chronist.

Leesaanwijzingen

Die Erzählungen sind nicht schwierig zu lesen und zu verstehen. Durch die thematische Schwere (Darstellungen von Trauma und Opferidentitäten), wirst du dich allerdings automatisch gezwungen sehen, mit verschiedenen Fragen und Themen auseinandersetzen: Was bedeutet es eigentlich gezwungen zu werden seine Heimat verlassen? Welche Verhaltensweisen können traumatische Erfahrungen nach sich ziehen? Hätte es Alternativen zum Selbstmord der Protagonisten geben können? Was bedeutet 'Vergangenheitsbewältigung' im Kontext des Holocaust - zu Schwierigkeiten und Problemen?
Sicherlich wird dir die eine oder andere Erzählung besser gefallen haben, bzw. hat dich mehr bewegt oder angesprochen. Vergleiche deine Leseeindrücke mit Freunden, die das Buch ebenfalls kennen und tausche dich über deine Erfahrungen aus. Dies wäre sicherlich ein großes Anliegen des Autors gewesen, der sich als literarische Aufgabe vor allem die Erinnerungsarbeit gesetzt hat und im Besonderen die Erinnerung an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs.

Om over na te denken

Neben den schon erwähnten Fragen, mit denen du dich wahrscheinlich schon bei der Lektüre der Ausgewanderten auseinandergesetzt hast, solltest du auch darüber nachdenken, welche Stimmung und Gefühle die Erzählungen in dir hinterlassen. Formal wäre zu fragen, durch welche literarischen Mittel dies erreicht wird. Inhaltlich könntest du dich fragen, wie du die Schrecken des Nationalsozialismus in den Erzählungen wahrnimmst. Daran schließt sich auch eine weitere Überlegung: Wie kann man die Erinnerung an den Holocaust auch im 21. Jahrhundert noch erhalten?

Waardering

"Inhaltlich und sprachlich sind Die Ausgewanderten ein einmaliges Werk der deutschen Literatur. Dass Sebalds abgrundtief melancholisches Buch über die Spätschäden des Nationalsozialsozialismus inzwischen beispielsweise ins Englische, Spanische, Französische und Italienische übersetzt wurde, zeigt Sebalds Ruhm und den Rang, den seinem Werk beizumessen ist." (ein Kunde, 2000, http://www.amazon.de/review/R1WD16YV0XCZGI)

"eine erzählerische Kunst- und Wunderkammer, in der noch das nebensächlichste Detail, die kleinste Anekdote aufgehoben wurde. Das Buch wimmelt vor Zufällen und Kuriositäten, es ist bebildert mit Photos, auf denen man Äste, Hauseingänge, Porträts von längst verschollenen Menschen sieht, Fragmente verschwundener Geschichten. Was Sebald versuchte, war eine Archäologie des Übersehenen" (FAZ, 17.03.2002, S. 31)

Opmerkingen

www.wgsebald.de

 




Leestips/meer weten

Dieter Forte: In der Erinnerung (1998)
Herta Müller: Atemschaukel (2009)
W.G. Sebald: Austerlitz (2001)

Samengesteld door

Anna Seidl

Opdrachten


Docenteninformatie

Inhalt

Bei den Ausgewanderten handelt es sich um die Lebens- und Leidensgeschichte von vier, aus der kontinentaleuropäischen Heimat ausgewanderten Juden, deren Schicksale teilweise auf authentische Biographien zurückgehen. Für alle vier bedeutet die frühe Entwurzelung und Exilierung ein lebenslanges Trauma, das sie am Ende in den Selbstmord treibt. Die Gründe, warum diese vier Männer einst in ein neues Leben aufbrachen, liegen dabei nicht immer in der Vertreibung durch das Naziregime. Einige gehen schon vor dieser Schreckensherrschaft aus wirtschaftlichen Gründen, haben danach aber nicht mehr die Möglichkeit in ihre Heimat zurückzukehren. In der ‚Fremde’ entwickeln sie dann alle die eine oder andere  Form der Reise- bzw. Wanderleidenschaft, die sie rastlos von einem Ort zum anderen treibt. Es scheint dabei so, als laste auf ihnen der Fluch des Ahasverus, des ewigen Juden, der dazu verdammt ist, auf der Erde umherziehen, ohne jemals ein Ziel zu erreichen. Neben diesen vier Protagonisten gibt es auch noch einen übergeordneten Ich-Erzähler, bei dem die verschiedenen Erzählstränge zusammenlaufen und der als Chronist und Verfasser ihrer Lebensgeschichten fungiert.

Schwierigkeitsgrad
literarisches Niveau: Es gibt viele immer wiederkehrende Motive, die in allen Erzählungen gleichermaßen auftauchen. Zentral stehen dabei die Themen Erinnerung und Vergessen, sowie individuelle und kollektive Traumata im Kontext der jüdischen Geschichte. Mit Hilfe einiger Basiskenntnisse über die Geschichte der Juden und ihrer Verfolgung durch das Naziregime sollten diese Themen relativ leicht herauszuarbeiten sein. Einen höheren Leseanspruch dagegen stellen die intertextuellen Verweise und motivischen Verbindungen, sowie verschiedene literarische und kulturhistorische Topoi, die meist nur implizit im Text auftauchen. Auch die theoretischen Reflexionen wären in diesem Zusammenhang als eine ‚Lesehürde‘ zu erwähnen.

sprachliches Niveau: Obwohl die Syntax der Ausgewanderten eigentlich einfach ist, wird die Lektüre durch die langen und teilweise über mehrere Zeilen sich fortsetzenden Sätze erschwert. Da Sebald fast keine Dialoge schreibt, sondern mehr in einem deskriptiven Stil, Handlungen und Begegnungen zwischen Menschen darstellt, kann die Sprache für die Schüler manchmal etwas ‚unlebendig‘ erscheinen und den Zugang erschweren.

 Das Sprachniveau liegt zwischen C1 und C2.

Didaktische und philologische Analyse

Dimensionen

Indikatoren

Hinweise zu komplizierenden Faktoren

Allgemeine Voraussetzung (um den Text verstehen zu können)

Bereitschaft

Da Sebalds Erzählstil nicht gerade lebendig ist und seine Themen auch nicht unmittelbar an zeitgenössische Probleme Jugendlicher anschließen, ist das Werk zunächst sicherlich nicht leicht zugänglich. Allerdings kann mit einer kurzen historischen Einführung und dem Verweis auf die traumatisch gezeichneten Charaktere der Protagonisten ein Einstieg in die Lektüre erleichtert werden. Auch der Verweis auf die Authentizität vieler Figuren könnte das Interesse der Schüler wecken.

Interessen

Anregend könnten zunächst die dem Text beigefügten Photografien sein. Die Authentizität der Bilder, vor allem die der  Protagonisten, könnte die Schüler auf die Realität ihrer Schicksale neugierig machen.

Allgemein-kenntnisse

Historische Kenntnisse zur politischen Situation Deutschlands während des Zweiten Weltkriegs, sowie zur jüdischen Geschichte sind unerlässlich. Die Schüler sollten auch Hintergrundwissen zu den psychologischen Konzepten von Trauma, Melancholie und Depression haben, an denen alle Protagonisten gleichermaßen leiden.

 

 

 

 

 

Spezifische kulturelle und literarische Kenntnisse

Der Erinnerungsdiskurs der Protagonisten folgt einem dialektischen Modell. Die Wiedererinnerung an die traumatisch belastete Vergangenheit bedeutet für sie nämlich nicht nur den Versuch der Selbstbefreiung, sondern gleichzeitig auch eine Qual. Hierbei kommt die Denk- und Stilfigur der Dialektik zum Tragen, die in en Ausgewanderten zwischen Erinnern und Vergessen oszilliert. Über Ambros Adelwarths Erinnerungsversuche heißt es z.B., dass es für ihn eine Art von „Errettung und zugleich ein unbarmherziges Sich-zugrunde-Richten“ gewesen sei.
Rezeptionsgeschichtlich wird Sebalds Werk vor allem als „Kunst der Erinnerung“ bzw. unter dem Aspekt seiner „Rekonstruktionsarbeit“ interpretiert. Dabei bezieht sich Sebald immer wieder auf Benjamins Geschichtsphilosophische Thesen, denen er mit dem bekannten Bild von Paul Klee: ‚Engel der Geschichte‘ (Angelus Novus) zur Darstellung verhilft. Wohingegen Sebald in seinem Werk Luftkrieg und Literatur (1999) explizit auf diese Bildanalyse Benjamins, Bezug nimmt, geschieht dies in den Ausgewanderten dagegen nur implizit.

Geübtheit bezüglich des Sprachgebrauchs – vgl. GER (ERK)- und des literarischen Stils

Vokabular

Sebalds Geschichten sind nur scheinbar einfach und leicht geschrieben. Bei näherer Betrachtung bemerkt man aber, dass seine Sprache stark stilisiert ist und mit literarischen Anspielungen und Zitaten gespickt. Sebald erweist der Sprache, wie es in einer Spiegel-Rezension zu den Ausgewanderten heißt, die Aufmerksamkeit eines Kavaliers alter Schule, wobei er ein ausgesprochenes Formbewusstsein vermittelt.
Oftmals arbeitet Sebald mit einem etwas antiquierten und altertümlichen Vokabular, das aber für das Verständnis der Texte nicht hinderlich ist. "Mein Vokabular", sagt Sebald schmunzelnd, "erscheint manchmal etwas eigenartig und regional. Das hat sicher damit zu tun, dass ich dieses Land in jungen Jahren verlassen und mein frühes Vokabular im Gepäck mitgenommen habe." Auch dass er in seiner Prosa das Idiom des 19. Jahrhunderts pflegt, hält er nur für folgerichtig: "Im Kopf bin ich viel älter als diese 51 Jahre." (vgl. Berliner Zeitung 1996)
Sebald-typisch sind auch die die vielen englischen Zitate, die in die Texte immer werden eingewoben sind.

Satzkonstruktionen

Besondere Beachtung verdienen nicht nur Sebalds Techniken der Montage und der Metaphorisierung, sondern auch seine syntaktische ‚Einschachtelungsmethode‘. Dieses Prinzip des Einschachtelns erinnert stark an die Literatur des 19. Jahrhunderts und ihre Vorliebe für Rahmenerzählungen, und einem verschachtelten Satzbau. Bei Sebald kommt es dabei oftmals zu wechselnden Erzählinstanzen innerhalb eines Satzes.

 

Stil

 

In einer FAZ-Rezension heißt es zu den Ausgewanderten: „Diese Prosa glicht einem perfekt sitzenden schwarzen Anzug“ und im Kritischen Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (KLG) heißt es: „In der Verbindung von Historiographie und Poesie wählt Sebald eine Form außerhalb tradierter Gattungen, die die zeithistorische Dokumentation durch marginale Fiktionalisierung, unaufdringlich zur Allegorie steigert.
Da der Erzählstil Sebalds verschiedene ‚literarische Genres’ miteinander vereint und dabei die Gattungsgrenzen aufhebt, lässt sich auch nur schwer eine Trennung zwischen Essay, journalistischer Reportage, Prosaerzählung und literaturwissenschaftliche Arbeit ziehen. Da es bei Sebald ein sehr enges Verhältnis zwischen Stil und Thematik gibt, kommt die Analyse seines Stils gleichzeitig der Analyse seines Inhalts gleich. Sebalds Stil ist dabei wesentlich geprägt von den Leitgedanken aus Adornos und Horkheimers Dialektik der Aufklärung. (Vgl. Hutchinson)

Geübtheit bezüglich literarischer Verfahrensweisen

Handlung

Obwohl es sich um vier selbstständige Erzählungen mit unterschiedlichen Protagonisten handelt, lassen sich deutliche Gemeinsamkeiten zwischen ihnen ausmachen. Alle Protagonisten leiden zeitlebens unter den Folgen ihrer Exilierung und finden in der Fremde keine neue Heimat mehr. Sie erfahren dort eine tiefe Entfremdung und Ausgrenzung, die sie in eine schwere Depression verfallen lässt und in den Selbstmord treibt.
Das Motiv des Auswanderns steht dabei auch im Zeichen des Ich-Erzählers, der in allen vier Geschichten der gleiche ist. 1970 hat auch er seine Heimat im Allgäu verlassen und ist nach Norwich in England ‚ausgewandert‘. Seine Funktion innerhalb der Erzählungen ist es, die einzelnen Schicksale zu rekonstruieren und schriftlich festzuhalten. Die meiste Zeit fungiert er deshalb als Zuhörer und Chronist.
Paul Selwyn, der erste Vermieter des Ich-Erzählers in England, hat sich soweit in die innere Emigration zurückgezogen, dass er am Ende nur mehr bei Pflanzen und Tieren seine ‚Ansprechpartner‘ findet. Paul Bereyter ist der alte Volksschullehrer des Ich-Erzählers, dem wegen seiner jüdischen Wurzeln, das Unterrichten deutscher Kinder verboten wurde. Ambros Adelwarth, ein Onkel des Ich-Erzählers, arbeitet als Butler bei einer reichen jüdischen Familie in Amerika, deren Sohn nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs zunehmend dem Wahnsinn verfällt. Max Aurach, dessen Biographie auch auf eine authentische Lebensgeschichte zurückgeht, lebt in Manchester. Dort malt er schon seit Jahrzehnten an einem einzigen Bild, dessen viele Farbschichten er immer wieder abkratzt. Aurachs künstlerische Technik, bei der dieses Bild immer wieder verwischt, überstrichen und verändert wird, steht dabei unter anderem für die Funktionsweise von Erinnerung.
Obwohl alle vier Biographien beim Tod enden, leben ihre Geschichten durch den Ich-Erzähler fort. Dabei kommt ihm eine wichtige Rolle als Vermittlung und Chronist dieser individuellen und kollektiven Traumata zu, die er durch die schriftliche Fixierung vor dem Vergessen rettet.

Chronologie

In typischer Sebald-Manier wird der Handlungsfluss immer wieder durch Reflexionen und zeitliche Ruckblicke unterbrochen, die eine Zeitschichtung und Überlagerung verschiedener Erzählstränge zur Folge haben. Manchmal überlappen sich dabei die verschiedenen Erzählstimmen und Erzählinstanzen soweit, dass der Leser nicht mehr genau weiß, welcher Protagonist gerade das Wort führt. Letztendlich haben aber alle Geschichten und Protagonisten Teil an einer großen Geschichte, die den Schrecken und die Traumatisierung einer Entwurzelung und Verfolgung zum Thema hat.

Erzählstrang /-stränge

Vor allem in Ambros Adelwarth und Max Aurach gibt es mehrere Erzählstrange, die allerdings nicht gleichzeitig, sondern linear dargestellt werden. In Max Aurach geht es z.B. erst um die Biographie des Ich-Erzählers und seinen Aufbruch in die neue Heimat. Danach erst beginnt die eigentliche Geschichte Aurachs, die gefolgt wird von den Tagebuchaufzeichnungen seiner Mutter, die Aurach bei ihrem letzten Treffen dem Ich-Erzähler übergibt. Dieser nimmt die Aufzeichnungen der Mutter wiederum zum Ausgangspunkt seiner eigenen Recherchen, die ihn an den Geburtsort der Familie nach Deutschland führt.

Perspektive (n)

Bei den Ausgewanderten wird mit verschiedenen personalen Erzählperspektiven gearbeitet. Die Geschichten werden immer entweder aus der Sicht des Ich-Erzählers wiedergegeben, oder sind als Erinnerungsdiskurse der Protagonisten angelegt. Es gibt dabei keine übergeordnete Erzählperspektive. Diese würde sich auch dem Programm Sebalds widersetzten, für das gerade die unmittelbaren Erfahrungen der Protagonisten und ihre ‚Kunst der Erinnerung‘ wichtig wird.
Der Ich-Erzähler dient dabei als zentraler Bezugspunkt der Erzählungen, bei dem unterschiedliche Eindrücke und Wahrnehmungsmodelle zusammenlaufen. Durch diese steten perspektivischen Wechsel baut Sebald eine Überidentifizierung mit dem Ich-Erzähler vor.

Bedeutungs (schichten)

Sebalds Erzählungen können auf verschiedenen Niveaus gelesen werden. Dabei kann man der einfachen narrativen Erzählstruktur folgen, oder aber die vielen Verknüpfungen, literarischen Anspielungen und theoretischen Substrate, die die Erzählungen unterlaufen, in die Lektüre mit einbeziehen. Die drei großen Themen: Erinnerung, Emigration und Trauma, können dabei entweder einzeln betrachten werden, oder aber in ihrem Zusammenspiel erfasst werden.

Geübtheit bezüglich literarischer Figuren

Charaktere

Alle Hauptprotagonisten sind ‚Ausgewanderte‘ und neigen zeitlebens zu einer melancholischen Gemütsverfassung, die man auch als Depression bezeichnen kann. Die Beschränkung Sebalds auf wenige Figuren ermöglicht ihm eine genaue Figurenskizzierung. Dabei geht es vor allem darum, die vier Biographien dahingehend zu rekonstruieren, dass man den Motiven ihres Selbstmordes näher kommt. Diese vier Lebensgeschichten fügen sich dabei zum Gesamtbild einer lautlosen und unaufhaltsamen Katastrophe, die die Lektüre der Ausgewanderten oftmals sehr bedrückend macht.

Zahl der Figuren

Die Anzahl der Figuren ist übersichtlich. Die Erzählungen sind dabei hauptsächlich um die vier titelgebenden Protagonisten herum konzipiert.

Verhältnisse

Die Beziehungen, die die Protagonisten im Laufe ihres Lebens aufgebaut haben, sind alle gezeichnet von ihrem Lebenstrauma. Da sich die meisten von ihnen in die innere Emigration zurückgezogen haben, lassen sich an ihnen auch nicht die ‚klassisch‘ sozialen Verhaltenmuster wiedererkennen. Wohingegen das Thema Freundschaft noch latent anwesend ist, wird das Thema Liebe bzw. Liebesbeziehungen fast gänzlich ausgeklammert.

Benutzte Quellen

Sebald, W.G.: Die Ausgewanderten. Vier lange Erzählungen. 12. Auflage Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2008.

Hutchinson, Ben: W.G. Sebald. Die dialektische Imagination. Berlin/New York: Walter Gruyter 2009.

Relevante Quellen

Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.): W.G. Sebald. Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur. München IV (2003).

Atze, Marcel: Die Gesetze von der Wiederkunft der Vergangenheit. W.G. Sebalds Lektüre des Gedächtnistheoretikers Maurice Halbwachs. In: Sebald-Lektüren. Hrsg. von Marcel Atze und Franz Loquai. Eggingen 2005.

Cuomo, Joseph: A conversation with W.G. Sebald. In: The emergence of memory. Conversations with W.G. Sebald. New York/London 2007.

Fuchs, Anne: Ein Hauptkapitel der Geschichte der Unterwerfung. Representations of Nature in W.G. Sebald’s  Die Ringe des Saturn. In: W.G. Sebald and the Writing of History. Würzburg. 2007. S. 151/152.

Gfrereis Heike und Ellen Schrittmatter (Hrsg.): Wandernde Schatten. W.G. Sebalds Unterwelt.  Marbach 2008.

Loquai, Franz (Hrsg.): W.G. Sebald. Portrait. Eggingen 1997.

Verarbeitung und Vertiefung

Für Niveau 4 könnte man sich bei der Aufgabenerstellung zunächst auf eine der vier Erzählungen konzentrieren, wobei man nur eines der Hauptmotive herausarbeiten würde. In einem weitern Schritt könnte man dann sehen, ob, und in welcher Form dieses Motiv auch in den in den anderen Erzählungen auftaucht.
Auch eine Gegenüberstellung der vier Protagonisten wäre interessant, vor allem im Hinblick auf die Frage, welches der Schicksale die Schüler am meisten bewegt und warum dies so ist. Dabei sollte auch nicht das Portrait des Ich-Erzählers fehlen, über den man in der ersten und letzten Erzählung einiges erfahren kann. Es wäre in diesem Zusammenhang auch noch herauszuarbeiten, welche Protagonisten eigentlich gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen, und welche sich freiwillig für das Exil entschieden haben.
Darüber hinaus wäre auch eine Personenkonstellation aufschlussreich, bei der untersucht wird, wie sich die Protagonisten anderen Figuren gegenüber verhalten, und wie sich dabei ihr traumatisches Potenzial ausdrückt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt wäre das Motiv der Fremde, bzw. die Begegnung mit dem ‚Fremden‘, das für die Ausgewanderten oftmals auch mit einer kulturellen Konfrontation verbunden ist.
Einen höheren Anspruch würde dann die Analyse des mysteriösen ‚Schmetterlingsmanns‘ darstellen, der in allen Erzählungen auftaucht, die Lebensläufe der Protagonisten miteinander verbindet und von Sebald als literarische Anspielung auf  Nabokov und dessen Schmetterlingsleidenschaft konzipiert ist.
Auch die Analyse eines kulturhistorischen Topos wie die z.B. Eisenbahn, die in der Erzählung Paul Selwyn eine zentrale Rolle spielt, würde eine intensivere Lektüre voraussetzten. Die Eisenbahn wird dabei nämlich als ein Paradox konzipiert: auf der einen Seite, steht sie für die ‚Todesfahrt‘ in die Konzentrationslager, auf der anderen Seite, steht sie für die Rettung, die die  Kindertransporte nach England für Paul Selwyn darstellten.